Die Macht der Geburt
Bei der natürlichen Geburt wird eine Frau das Tor zur Welt. Gebären sollte nicht als gefährliches Übel oder medizinischer Eingriff betrachtet werden, sondern als ureigener Kampf der Frau um das Leben.
Gastbeitrag einer jungen Mutter zweier deutscher Kinder.
Prüfung des Lebens
»Die Stunde der Geburt ist die gefährlichste Zeit im Leben jedes Menschen«, so Dr. med. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte.1
In den letzten Jahrzehnten hat Hollywood ganze Arbeit geleistet, was die allgemeine Vorstellung natürlicher Geburten betrifft. Die Fruchtblase platzt mitten im Supermarkt und literweise Fruchtwasser strömt durch die Gänge. In der nächsten Szene sieht man eine Frau in Rückenlage, die blutüberströmt die schlimmsten Schmerzen ihres Lebens erleidet und nebenbei noch ihren Mann bodenlos beschimpft.
Doch ist dem wirklich so?
Fragt man Frauen heute nach ihrem Geburtserlebnis, so jagt ein Schauermärchen das nächste. Viele beteuern gleich hinterher, dass dies ein Grund sei, weshalb sie nicht noch ein Kind bekommen würden. Diese Strapazen würden sie unter keinen Umständen erneut erdulden wollen.
Woran liegt das?
Wir Frauen haben das Gebären verlernt. Die wenigsten wissen überhaupt, wie eine physiologische Geburt abläuft und auf was dabei zu achten ist. War es früher üblich, von klein auf bei Geburten dabei zu sein, ist heute höchstens der Ehemann anwesend. Ein Mann ist der wohl denkbar schlechteste Geburtsbegleiter, und doch ist es ein notwendiges Übel. Sonst müsste die Frau ganz ohne emotionale Unterstützung in einer fremden Umgebung ihr Kind zur Welt bringen.
Geburt im Krankenhaus
Selbst im Krankenhaus haben Hebammen und Ärzte schlichtweg kaum mehr Ahnung von einer artgerechten Geburt. Sie werden für kranke und nicht für gesunde Patienten ausgebildet. Sie haben strenge Leitlinien zu befolgen und arbeiten in der Geburtshilfe nach dem höchsten Grundsatz: Weder Mutter noch Kind dürfen ums Leben kommen. Doch ist das tatsächlich das Wichtigste? Hauptsache am Leben, ungeachtet jeglicher Kollateralschäden?
Bei so einem sensiblen Thema rollen schnell Köpfe und niemand möchte dafür verantwortlich gemacht werden. Der moderne Mensch möchte immer die Verantwortung abgeben und im Falle eines Falles einen Schuldigen haben. Selbstverständlich nicht man selbst, wie sollte man das mit seinem Gewissen vereinbaren? Zusätzlich kommen für das Krankenhaus noch andere gewichtige Faktoren ins Spiel, wie Effizienz, Zeitnot und Personalmangel. Vielleicht wartet schon die nächste Patientin mit Wehen darauf, dass der Kreißsaal für sie frei wird. Da bleibt kein Platz für eine entspannte und individuelle Betreuung im Interesse der Frau und des Neugeborenen.
Eine natürliche Geburt dauert ungefähr 4-18 Stunden.2 Besonders bei Erstgebärenden kann sich die Eröffnungsphase über mehrere Tage hinweg ziehen. Das bringt einem Krankenhaus kein Geld ein und verunmöglicht jede Planbarkeit. Unter anderem deswegen ist der Anreiz des gesamten Krankenhauspersonals groß, geburtseinleitende Maßnahmen vorzunehmen, selbst wenn diese unter Umständen schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen können, bis hin zum ungewollten Kaiserschnitt.
Generell ist der Kaiserschnitt ein lukratives Geschäft. Bekommen Krankenhäuser für einen Kaiserschnitt, der in der Regel bloß 30 Minuten dauert, zwischen 3000 und 4000€, sind es bei einer natürlichen Geburt nur 2000 bis 3000 €.34 Je häufiger und intensiver Interventionen durchgeführt werden, umso mehr Vergütung erhält das jeweilige Krankenhaus. Dies könnte einer von mehreren Faktoren sein, weshalb sich der Kaiserschnitt immer größerer Beliebtheit erfreut und den Frauen häufiger als notwendig ans Herz gelegt wird.
Zu viele Kaiserschnitte
Die Zahlen Lügen nicht. 2020 hat in Deutschland beinahe jede dritte Frau ihr Kind per Kaiserschnitt zur Welt gebracht. Seit 1991 haben sich die Zahlen beinahe verdoppelt.5 In anderen Teilen der Welt wie Ägypten, der Türkei oder Brasilien liegt man schon bei bis zu 50%.6 Die WHO hält nur 10-15% davon für tatsächlich medizinisch notwendig, wobei selbst diese Zahlen noch zu hoch gegriffen sein könnten.7
Ab der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche gilt die Schwangerschaft als voll ausgetragen und man nimmt an, dass der Säugling geburtsbereit ist. Ab diesem Zeitpunkt ist ein Kaiserschnitt jederzeit durchführbar und das Angebot eines Wunschkaiserschnittes bereits zur Norm geworden.
Die Gründe der Frauen für den Wunschkaiserschnitt sind sehr individuell. Sei es Angst vor der Geburt, die freie terminliche Planung oder der Wunsch, das Geschlechtsorgan für den sexuellen Akt nicht zu "ruinieren". Was hier jedoch als die "einfache Art" der Geburt beworben wird, ist als brandgefährlich zu betrachten. Denn ein Kaiserschnitt wirkt sich nachweislich negativ auf die Gesundheit von Mutter und Kind aus.8
Es gilt an der Aufklärung zu arbeiten, dass die meisten Frauen ganz ohne Probleme zu Hause oder in einer von Hebammen geleiteten Praxis ihr Kind auf die Welt bringen können und diese artgerechte Geburt sogar immense Vorteile bietet. Denn in der allgemeinen Wahrnehmung ist es genau umgekehrt.
Die Macht der natürlichen Geburt
Äußert eine Frau den heutzutage seltenen Wunsch nach einer Hausgeburt, wird ihr schnell unterstellt, sie sei verantwortungslos und würde das Leben ihres Kindes aufs Spiel setzen. Es werden Sorgen vorgespielt, sie solle doch ihre Überlegung schnell wieder verwerfen und die "sichere" Option wählen: das Krankenhaus.
Was für eine dreiste Lüge der Guten und Gerechten. Sie haben weder Angst um den Tod von Mutter, noch vom Kinde! Sie haben Angst, dass die natürliche Geburt gelingt und sie erkennen müssen, dass sie selbst schwach sind und unrecht hatten. Dass sie zu schwach sind, um in Eigenermächtigung auf der Brücke zwischen Leben und Tod zu stehen. Sie haben Angst, das Tor zur Welt zu sein, Angst vor Macht und Stärke. Es ist Neid, weil sie selbst nicht dazu bereit waren.
Doch fragt man Frauen, die allein oder nur im Beisein engster Vertrauter oder Hebammen und ohne jegliche Intervention von außen ihr Kind daheim geboren haben, antworten alle gleich: Sie fühlen sich so stark wie noch nie, nahezu beflügelt. Viele berichten, dass sie danach nie mehr die Angst verspürt haben, eine Herausforderung im Leben nicht bewältigen zu können. Denn sie haben die größte bereits bestanden.
Um einen echten, aufrechten Kampf zu führen, müssen Frauen dieses uralte und doch neue Wissen um die Geburt wiedererlangen. Es geht darum, die große Schönheit der Geburt zu erkennen. Es geht um die Werteumkehr dieser kranken Welt, diese gewaltige Urkraft dankend anzunehmen, loszulassen und dem Körper und damit der Natur zu vertrauen.
Wir Frauen sind dafür geschaffen. Es ist als ein Akt der Selbstermächtigung zu betrachten, als Grenzüberwindung und Kampf in weiblichster Form gegen das linke System. Denn nicht nur die Männer müssen wieder erstarken, sondern auch wir Frauen.
Pressemeldung Berufsverband der Frauenärzte (Frauenärzte im Netz)
Geburtsphasen (Frauenärzte im Netz)
Checkliste: Was kostet eine Geburt? (Frau von Geld)
Der Wunschkaiserschnitt (Schwanger.at)
Auf dieses Thema wird in einem künftigen Artikel tiefer eingegangen.